Skitourenwochenende auf der Lindauer Hütte am 2. und 3. März
"Wo wir sind, ist immer Schnee," sagte Uwe aufmunternd am frühen Samstag um 06:00 Uhr, als er unsere etwas ungläubigen Gesichter sah.
Der Winter in Sigmaringen war bisher nicht besonders schneereich, aber warum sollte auch unser drittes Skitourenwochenende ohne guten Schnee stattfinden? Die Anfahrt gestaltete sich zäh aufgrund des Staus auf der Arlbergautobahn, verursacht durch die vielen Tagesgäste im Montafon.
"Meint ihr wirklich, da geht was?" fragte eine Stimme hinten aus dem Auto, als wir auf die grünen Wiesen und die ersten Osterglocken im Montafoner Tal blickten. "Na klar," antwortete Uwe, "nur ein wenig Tragen, und dann haben wir traumhafte Bedingungen." Immerhin versprach auch der Wetterbericht Gutes.
Mit gepacktem Rucksack und aufgeschnallten Skiern machten wir uns auf den schneefreien Weg ins Gauertal zur Hütte. Ab 1200 Metern Höhe lag dann endlich Schnee, und der erste Blick ins verschneite Gauertal hinauf zu den Drei Türmen ließ traumhafte Bedingungen erwarten. Der Weg zur Hütte über knapp 700 Höhenmeter verlief kurzweilig und bot immer wieder Blicke auf den Rachen und die Türme.
Nach einem kurzen Einchecken auf der Hütte und einem kleinen zweiten Frühstück konnte die erste Skitour beginnen. Das Wetter passte, die Lawinenlage versprach einen guten 2er, und der Skitourenguru gab "Status Grün" für die Tour zum Drusentour. Knapp 700 Höhenmeter zusätzlich zu denen vom Hüttenaufstieg – fast 1400 Höhenmeter sollten am ersten Tag zum "Einlaufen" reichen. Die ausgetretene Spur führte uns hinauf, vorbei an kaum verspurtem Pulverschnee. Der Großteil der Tourengeher war bereits wieder unten, als wir gegen 11:00 Uhr in die erste Spitzkehre am Hang einbogen.
Der späte Start erwies sich als Glücksgriff, denn die großen Gruppen auf dem Bild waren bereits wie ein Heer von Skilemmingen den Hang hinabgegangen. Viele andere Menschen bevölkerten an diesem Tag den Sporatobel, der zum großen Turm hinaufführt. Wir hingegen waren allein auf unserem Aufstieg. Die Abfahrt war einfach nur traumhaft, aber wie immer bei solchem Schnee, viel zu kurz.
Am Hüttenabend auf der Lindauer Hütte war es voll belegt mit 120 Leuten. Wir hatten schon an alle schlimmen Hüttenszenarien gedacht, die wir zuvor erlebt hatten. Doch es kam völlig anders: Die Zimmerlager waren wunderschön, die Hütte modern renoviert, das Personal entspannt, und das Essen verteilte sich in angenehmer Lautstärke auf die beiden Tagesräume. Gerne wieder.
Der angesagte Föhnsturm in der Nacht weckte uns immer wieder mit seinen Böen auf. Die Lawinenlage stieg am nächsten Tag aufgrund der Schneeverfrachtungen wieder auf Stufe drei an. Daher entschieden wir uns, nicht auf den Großen Turm zu gehen. Weder der Wind noch der fast 40° steile Schlusshang hinauf zum Gipfelplateau ließen es zu. Uwe änderte daraufhin das Ziel ab, und wir machten uns bei starken Böen und Rückenwind auf den Weg zum Öfapass. Die Gleitschneerutsche der warmen Nacht und ein großer Abgang von der Terrasse über dem Tobel bestärkten uns in unserer Entscheidung, auf den Gipfel zu verzichten. Angesichts des Höhensturms wäre der Gipfel ohnehin wenig sinnvoll gewesen.
Wir genossen einen Cappuccino auf der windgeschützten, sonnigen Terrasse der Hütte. Neben uns vespern die 12 Jugendlichen im Alter von 11 bis 14 Jahren mit ihren Jugendleitern. Die Jugendgruppe "Höhenflieger" der Sektion Ulm war auf Skitour unterwegs, und es kam ein wenig das Gefühl auf, "so wie bei uns früher". Auch sie verzichteten und waren am Öfapass unterwegs.
Zeit blieb uns noch für eine LVS-Übung auf den mit wenig Schnee bedeckten Wiesen im Tal. Intensiv konnten wir die Reichweite unserer LVS-Geräte testen und auch die Abweichung der Signalverarbeitung bei elektronischen Interferenzen durch Handys und GPS-Uhren am Sender (Verschütteter) sowie beim Suchenden überprüfen. Gerade die Abweichungen der Geräte beim Suchenden waren ernüchternd groß. "So hätte ich das nie gedacht", war die einhellige Einschätzung aller, als wir uns mit den Themen einer aktuellen LVS-Fortbildung für Tourenführer auseinandersetzten, an der ich die Woche zuvor teilgenommen hatte.
Unser Fazit: "Wo wir sind, ist immer Schnee." Uwe hatte wieder mal recht. Wir kommen wieder, fahren dann aber entspannt am Freitag ohne eine Stunde Stau zur Hütte.
"Verzicht ist die Chance, ein alter Alpinist zu werden."
Text und Fotos: Ernst Steffen